Sonntag, 3. August 2014

Gibt es doch noch Hoffnung für die Wohlfahrtsverbände?

Nachdem eine zunehmende „Verbetriebswirtschaftlichung“ die Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände seit 20 Jahren immer mehr dominiert und diese durch Tarifflucht, Outsourcen von Betriebsteilen, Leiharbeit und zuletzt (Schein-)Werkverträge noch an zusätzlicher Brisanz gewonnen hat, sind vom Landesvorsitzenden der AWO Bayern Dr. Thomas Beyer neuerdings doch sehr ermutigende Töne zu hören. Beyer hat bei der Geschäftsführer-Konferenz des DW Bayern im Mai 2014 einen sehr interessanten Vortrag über die Entwicklung des Sozialwesens und der Wohlfahrtsverbände gehalten: Was hat der Markt mit uns gemacht?

Darin kritisiert er aufseiten der Wohlfahrtsverbände unter anderem „eine oft kritiklose Übernahme ausschließlich wirtschaftlichkeits-orientierter Denkmuster von der „privaten Konkurrenz“, nicht selten verbunden mit dem „Argument“, man sei sonst doch gezwungen, weiteres Terrain an diese aufzugeben.“

Beyer führt aus, dass 20 Jahre nach der Etablierung marktwirtschaftlicher Strukturen in den Unternehmen der Wohlfahrtsverbände  „Konzernstrukturen …  geschaffen (wurden), die zuweilen mehr Vorbildern der Industrie oder Strukturhandbüchern von Unternehmensberatungen entsprungen schienen als den eigenen tatsächlichen Bedürfnissen.“

Dabei verliere die  Wohlfahrtspflege „ an öffentlicher Wertschätzung ... Sie verdrängt dabei aber, dass sie etwa über die Arbeitgeber-Auffassungen einzelner ihrer Vertreter hinaus grundsätzlich öffentliche Kritik auf sich zieht. Dies deshalb, weil sie als gemeinnützigkeitsverpflichtet strukturell      – und zu Recht – von der Allgemeinheit an besonderen Maßstäben gemessen wird.“

Aufgabe der Wohlfahrtspflege sei  es, “ eine Debatte um das, „was gute Pflege kosten darf – ja muss“ aktiv gegenüber den ökonomischen Interessen aller Beteiligten einzufordern.“ Auch tritt Beyer für  einen allgemein-verbindlichen Tarifvertrag Soziales bzw. für die Pflege ein, wie er auf der AWO Bundeskonferenz 2012 bereits diskutiert wurde.

„Nur das Verstehen, das Herausarbeiten und die konsequente Pflege eines Alleinstellungsmerkmals (vermag) dauerhaft die eigene Wettbewerbsposition zu sichern. Die Freie Wohlfahrtspflege muss selbst in die Offensive gehen um ihre Strukturen und Qualitätsmerkmale, ihren Mehrwert zu verdeutlichen – nicht zu rechtfertigen.“

Den Text der gekürzten Niederschrift des Beyer-Vortrags finden Sie hier.

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